Abstract: Ist der Osten wirklich rot? Das Wahlverhalten bei der Bundestagswahl 2002 in Ost-West-Perspektive
Zwölf Jahre nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat sich
das Wahlverhalten in den neuen Ländern keineswegs an die aus dem Westen
bekannten Muster angeglichen. Die ehemaligen DDR-Bürger haben weitaus seltener
stabile Bindungen an die politischen Parteien entwickelt als ihre Mitbürger
aus der alten Bundesrepublik. Beiden großen Parteien fehlt es deshalb
in den neuen Ländern an langfristigen Anhängern.
Darüber hinaus unterscheiden sich Ost- und Westdeutsche in ihren grundlegenden
politischen Präferenzen: Die Bürger der neuen Länder erwarten
vom Staat ein größeres Engagement im Bereich der Frauen-, Wirtschafts-
und Arbeitsmarktpolitik und messen dem Wert der Gleichheit mehr Bedeutung zu
als die Westdeutschen. Bei der letzten Bundestagswahl konnte die SPD mit hoher
Wahrscheinlichkeit von diesen Besonderheiten profitieren. Dies bedeutet aber
nicht, daß die SPD damit dauerhaft zur stärksten Partei in den neuen
Ländern geworden ist. Gerade weil die Ostdeutschen bislang kaum stabile
Parteiloyalitäten entwickelt haben, sind sie politisch leichter zu enttäuschen
und werden sich dann rascher von der SPD abwenden als deren westdeutsche Wähler.
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